Opernhaus

Ein Opernhaus ist eine Musikbühne, also ein Gebäude für Musiktheater, in dem vor allem Opern, Operetten und Ballette aufgeführt werden.

In der Regel handelt es sich heute um ein geschlossenes Gebäude (mit Ausnahme von Freilichtbühnen wie beispielsweise dem Théâtre Antique in Orange oder der Arena von Verona, die allerdings ursprünglich nicht als Theaterraum gebaut wurde), das über eine große Bühne mit aufwändiger Bühnenmaschinerie, einen Orchestergraben und einen Zuschauerraum mit einer oder mehreren Ebenen (übereinander oder mit Logen), verfügt. Damit hat sich seit dem Barock als architektonisches Grundmodell das Guckkasten-Theater etabliert und frühere Formen - wie die Shakespeare-Bühne, das Jahrmarkttheater oder das Amphitheater griechisch-römischer Prägung - verdrängt. In der Frühzeit der Oper wurden allerdings eher die Festsäle der Aristokratie als Aufführungsort benutzt; erste Opernhäuser entstanden ab dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts zuerst in Venedig, später auch in anderen Städten Italiens.

Bauliche Entwicklung der Opernhäuser

Die Entwicklung der Opernhäuser von der Entstehung der Gattung bis heute wurde baulich durch zwei entscheidende Tendenzen geprägt. Erstens verlagerte sich der Fokus vom Zuschauerraum hin zur Bühne: Im klassischen Rangtheater war der Auftritt des Publikums in den Logen - bis hin zur Fürsten- oder Königsloge - mindestens ebenso prominent wie das Geschehen auf der Bühne; der Zuschauerraum war auch ebenso hell erleuchtet wie die Bühne. Gesungen wurde in der Regel auf der Vorbühne (oder Proszenium); die dahinter liegende Gassenbühne diente zum effektvollen Präsentieren wechselnder Dekorationen als Hintergrund und im Maschinentheater auch dem Einsatz illusionistischer Tricks (z.B. mit Hilfe von Flugwerken und Versenkungen). Dem gegenüber schaffen heutige Bühnenbilder unterschiedlichste Räume, die den Bühnenraum von der Rampe bis zur Bühnenrückwand ausnutzen; der Zuschauerraum ist abgedunkelt und bei den neueren Häusern halbkreisförmig angeordnet, sodass möglichst jeder Zuschauer eine gleich gute Sicht auf die Bühne hat. Die Theater wurden damit auch immer größer; die New Yorker Metropolitan Opera fasst z.B. annähernd 4.000 Plätze.

Die zweite wichtige Entwicklung betrifft die Position des Orchestergrabens. Die Musiker waren im Barocktheater auf gleicher Ebene wie das Parkett platziert; es war deshalb nicht unbedingt ein Dirigent vonnöten, da die Verbindung zwischen dem Orchester und den Sängern viel unmittelbarer war als heute. Mit der Zeit wurde die Orchesterbesetzung immer größer, sodass der tiefer gelegene Graben entstand. Ins Extrem trieb diese Entwicklung Richard Wagner in seinem Bayreuther Festspielhaus, das er eigens für die Aufführung seiner Werke erbauen ließ. Hier ist der Orchestergraben vollständig versenkt: Er reicht in stufenförmiger Anordnung bis tief unter die Bühne und wird zusätzlich durch eine Sichtblende verdeckt, sodass die Herkunft des Klanges nicht mehr feststellbar ist, was von magischer Wirkung ist.

Als Erbe der höfischen Opernkunst verstand sich ab dem 18. Jahrhundert zunehmend das Bürgertum. Opernhäuser wurden so zu repräsentativen Symbolen des bürgerlichen Establishments (man nannte sie nun nicht mehr Hoftheater, sondern Staatsoper) und wurden als solche im 20. Jahrhundert auch attackiert; erinnert sei an den provokanten Ausspruch des Dirigenten Pierre Boulez, man solle alle Opernhäuser in die Luft sprengen, was ihn allerdings nicht daran hinderte, einer der prominentesten Operndirigenten unserer Zeit zu werden.

Das Opernhaus als Institution

Mit dem Begriff Opernhaus verbindet sich jedoch zumeist nicht nur der Theaterbau, sondern auch die Institution. Ein Opernhaus kann, wie dies an den größeren Häusern in Deutschland üblich ist, über ein festes Ensemble verfügen; im weiteren Sinne werden dann zu einem Opernhaus auch das Ensemble (Gesangs-Solisten, Chor, Ballett, Orchester, Statisten) sowie die künstlerische Leitung (Intendant, Dirigenten, Regisseure, Dramaturgen, Abendspielleiter, Inspizient) gezählt. Hinzu kommen kaufmännische Verwaltung, Garderobe und Werkstätten (z.B. für Bühnenbild). Große Opernhäuser haben bis zu 1.000 feste Mitarbeiter. In einigen westeuropäischen Ländern wie Großbritannien und Frankreich verfügen die Opernhäuser i. d. R. nicht mehr über feste Ensembles. Einzelne Aufführungen werden häufig in Koproduktion erarbeitet und zwischen den Häusern ausgetauscht. Dieses System herrscht auch in den USA vor.

In Österreich ist das größte und wichtigste Opernhaus, die Wiener Staatsoper, mit einem Sängerensemble ausgestattet, das jedoch in der überwiegenden Zahl für die mittleren und kleineren Rollen herangezogen wird und in der Regel mit zeitlich limitierten Verträgen ausgestattet ist (Verträge über mehrere Wochen oder Monate, sogenannte Residenzverträge, sowie Jahresverträge). Die großen Partien werden, wie an anderen Opernhäusern von Weltgeltung, fast ausschließlich mit prominenten Gastsängern besetzt, die für einzelne Abende oder Vorstellungsserien engagiert werden. Auch die an der Staatsoper tätigen Dirigenten, Regisseure, Choreografen, Bühnenbildner, Kostümbildner, Lichtdesigner etc. sind Gäste. Auch die Ballettvorstellungen werden mit zahlreichen Gästen absolviert. Orchester und Chor sind hingegen fester Bestandteil des Ensembles. Die Wiener Volksoper besitzt noch ein eigenes Sängerensemble, aus dem der überwiegende Teil der Rollen besetzt wird. Das Theater an der Wien besitzt kein eigenes Ensemble, weder bei Sängern noch bei Chor oder Orchester, sondern engagiert diese Körper für die jeweiligen Inszenierungen; diese Form des Opernbetriebs nennt man Stagionesystem, abgeleitet aus dem italienischen Wort für Saison. Das Theater an der Wien zeigt, wie Stagione-Häuser in Frankreich oder Italien, zahlreiche Koproduktionen mit anderen Häusern oder Festivals, die entweder in Wien erarbeitet oder auch von anderen Häusern übernommen werden.

In Österreich sind einige Wiener Bühnen in der Wiener Bundestheater-Holding GmbH organisiert; diese fasst die Theater Burgtheater GmbH, Wiener Staatsoper GmbH sowie die Volksoper Wien GmbH zusammen; für diese drei Betriebe übernimmt eine gemeinsame Einrichtung, die Theater Service GmbH ART FOR ART, die Werkstätten, Gebäudetechnik sowie das Marketing und die Verwaltung.

Nach diesem Modell werden zunehmend auch in Deutschland Opernhäuser aus dem öffentlichen Dienst ausgegliedert und in, zumindest teilweise, privatwirtschaftliche Strukturen überführt. So wurde beispielsweise zum 1. Januar 2004 in Berlin die Stiftung Oper Berlin (kurz: Opernstiftung) gegründet, zu der die drei Berliner Opernhäuser Staatsoper Unter den Linden, Deutsche Oper und Komische Oper sowie das Ballett der Stiftung Oper in Berlin gehören.