Persönliche Eindrücke

Da meine Homepage meinen ganz persönlichen Eindruck widerspiegelt, werde ich gerade auch auf dieser Seite meinen Gedanken freien Lauf lassen (dürfen) und meine Eindrücke schildern und meine Meinung zu den jüngsten Umbaumassnahmen des Theaters Bielefeld äussern. Diese stimmen jedoch nicht unbedingt mit anderer Leute Meinung und/oder "etwaige Baubestimmungen" überein.

Für die Realisierung des jüngsten Umbaus wurde die Theaterstiftung-Bielefeld ins Leben gerufen.

Alle Um- und Einbauten, Erweiterungen und Verbesserungen die Bühne und die Bühnentechnik betreffend finden auch bei mir grossen Anklang. Hier gibt es von mir keine Einwände.

In nochmaliger Erwähnung dessen, dass es hier um ein 100 Jahre altes und unter Denkmalschutz stehendes Theater geht, möchte ich sagen, daß, hätte die Entscheidung bei mir gelegen, ob und wie der Zuschauerraum des Bielefelder Stadttheaters umgebaut werden muß oder soll, ich dem Architektenbüro zur Auflage gemacht hätte, den vorhanden Zuschauersaal zu verwenden und das bestmögliche, den Auflagen entsprechende zu verwirklichen, ohne daß der Charme des Zuschauersaals verloren zu gehen hat. Wenn die Architekten der Meinung sind, das gehe nicht in dieser Form, so hätte ich mich um ein anderes Büro bemüht, und dies so lange, bis eins gefunden wird, welches mit dem vorhanden Zuschauersaal notwendige Auflagen zu erfüllen versteht.

Außenansicht

Von außen hatte ich das Theater ja schon vor meiner "Innenbesichtigung" bestaunen können. Obwohl ich die frühere, erdige Farbe auch im Zusammenspiel mit der Farbgebung des nahe stehenden Rathauses sehr angenehm und warm fand, muss ich zugeben, dass mir die neue, hellere Farbgestaltung sehr gut gefällt und die Spielereien und Ornamente des Jugendstilbaus wirklich sehr gut zur Geltung kommen. Das Theater hinterläßt einen angenehmen und freundlichen Eindruck.

Kassenhalle

Die Eingangs- & Kassenhalle hat sich am wenigsten verändert. Die Wand- & Bodenbeläge und die Türen zur Strassenseite sind glücklicherweise nahezu gleich geblieben. Einzig die Beleuchtung hat sich stark verändert. Die theatertypischen Wandlampen sind leider verschwunden, dafür gibt es neu auf der mittleren Eingangstür kalte, nüchterne und vor allem völlig unpassende und deplatzierte Scheinwerfer. Zudem sind im ganzen Theater die alten, theatertypischen Wand- und Deckenlampen verschwunden und durch morderne, kalte Beleuchtungen ersetzt worden. Eine weitere unpassende Veränderung in der Kassenhalle ist der den Schaltern gegenüber aufgestellte Barbereich. Das sieht einerseits aus wie gewollt und nicht gekonnt, andererseits passt er so einfach nicht in diesen Eingangsbereich.

Türen

Eine weitere unattraktive, unpassende und nicht verschönende Veränderung, sehr zum Nachteil des alten Hauses, sind die Türen zum Parkettfoyer. Die alten Holztüren mit den Kassettenscheiben sind durch schlichte, einscheibige Metalltüren, welche sehr an Krankenhaustüren erinnern, ersetzt worden.

Treppen & Aufgänge

Eine wirklich sehr gelungene Veränderung sind die Bodenbeläge, Treppen und Wandelgänge des Theaters. Die seitlichen Aufgänge in der Kassenhalle führen nicht mehr, wie früher, zum 2. Rang, sondern in das neue Theaterstudio. Die blauen, Bodenbeläge aus Linoleum (meiner Meinung nach gab es diese nicht immer in meiner 10jährigen Besuchszeit des Stadttheaters, die Böden sahen vorher anders aus) wurden durch dunkles Holzparkett ausgewechselt, welches den Wandelgängen und Treppen einen wirklich warmen und angenehmen Blickfang schenken. Die Aufgänge zum früheren 1. Rang sind lichtdurchfluteter, dadurch wirkt das Theater offen und freundlich.

Wandelgänge & Garderoben

Die Wandelgänge und Garderoben sehen sehr freundlich und übersichtlich aus. Der Besucher bewegt sich im Gegensatz zu früher in einem modernen Bereich, welches dem alten Theater nicht schlecht steht und eine grosse Bereicherung darstellt. Einziger Mangel auch hier: Moderne Einrichtungen können wunderbar mit alten und vorhandenen Elementen kombiniert werden. Ich denke auch hier an die Beleuchtung. Die alten Wand- und Deckenleuchten hätten besser in das 100jährige Theater und zumindest stellenweise wunderbar zu den modern gestalteten Wandelgängen gepasst. Die Farbgestaltung einzelner roter Wände in den Wandelgängen passt hervorragend zu den Parkettböden und geben dem Theater eine besondere Note.

Foyer

Das Foyer im ersten Rang hat sich kaum verändert. Die grossen Fenster und Türen zum Balkon sind geblieben (glücklicherweise auch nicht durch moderne einscheibige ersetzt worden) und die grossen Kronleuchter gibt es auch noch. Verschwunden sind allerdings die Möglichkeiten, sich für kleine Imbisse oder ein Getränk an kleine Tische zu setzen und den grossen (bestimmt wertvollen) Gobelein über dem Tresen hat man leider entfernt. Neu hinzu gekommen ist ein Foyer in der ersten Etage mit Barbereich, "versteckt" in einer Ecke an den Garderoben vorbei. Hierbei handelt es sich um das ehemalige Ratsherrenzimmer, welches früher von den Wandelgängen aus nicht erreichbar war.

Zuschauersaal

Die vielgepriesene aktustische Verbesserung bleibt hier mal außen vor ... Es mag sein, daß sich die Akustik tatsächlich verbessert hat. Mir persönlich ist das nicht aufgefallen, vielleicht aber auch deswegen, weil ich erst eine Opernvorstellung in dem neuen alten Haus besuchen konnte und ich einen guten Parkettplatz hatte ...

Das größte Ärgernis ist und bleibt (für mich) der Zuschauersaal.

Auch wenn mir Vorteile wie der im ganzen Theater einheitlich parkettierte Fussboden, das etwas steiler ansteigende Parkett,  ein steil gestufter Rang oder die neue Bestuhlung farblich passend zu dem neuen Bühnenvorhang sehr positiv aufgefallen sind, bleibt mir völlig unverständlich, wie man ein altes Theater in seinem für den Theaterbesucher zentralsten Bereich optisch so mißgestalten kann, weil schlichtweg einfach zu modern für dieses Haus. Der Zuschauerraum hat optisch nun leider nicht mehr viel von einem klassischen Theater, viel mehr von einem modernen Kinosaal ... Zudem wirkt er viel kleiner und dunkler als vorher.

Glücklicherweise konnten die Ideen der Architekten, den modernen Stil durch das ganze Theater bis nach außen weiter zu führen, gestoppt werden!

Da hat das Architektenbüro Beneke-Daberto DBP München GmbH, welches sich später in Theater Projekte Daberto und Kollegen, Planungsgesellschaft mbH umbenannt hatte, nicht wirklich gründlich überlegt, um den Zuschaueraum zu modernisieren und gleichzeitig den Saal klassisch aussehen zu lassen. Abgesehen von einen Dekmalschutz, der für Theater und Zuschauersaal (wenn auch im Stil der 50er Jahre, nicht mehr im Originalzustand) bestand, fiel den Verantwortlichen wirklich nichts besseres ein, als dafür zu sorgen, dass dieser Denkmalschutz für den Zuschauersaal kurzerhand aufgehoben wird, um alles herauszureißen und zu verfremden? Wofür dann ein Denkmalschutz? Ich habe nachlesen können (Papier ist allerdings auch geduldig ...), daß alle Beteiligten angestrengt nachdachten, den vorhandenen Saal den Denkmalschutzauflagen entsprechend zu verwenden. Ob diese Überlegungen am Ende wohl doch zu anstrengend waren ...??

Sanieren muß doch nicht zwangsläufig total entkernen heißen. Zugegeben, in einem völlig neu errichteten Theater paßt auch ein solch modern aussehender Zuschauersaal, der unter solchen Umständen auch sicher ganz nett aussieht. Aber in ein 100jähriges Haus?

Parkett

Die Anordnung der Zugänge zum Parkett, welches in den 80ern immer "Sperrsitz" hiess, würden verändert. Vor dem Umbau gelangte der Besucher durch vier Eingänge auf beiden Seiten zum Parkettbereich des Zusauersaals. Heute gibt es je einen Zugang auf der Seite zum vorderen Parkett und neu je einen Eingang an der Wand der letzten Bestuhlungsreihe (den "Krankenhaustüren" zum Eingangfoyer gegenüber). Vor Beginn des Umbaus war immer die Rede von feuer- und baupolizeilichen Auflagen. Als ich die neuen, in der Anzahl reduzierten, Zugänge sah, meinte ich, das könne doch nicht mit den Bestimmungen vereinbar sein. Später las ich, dass diese Massnahme getroffen wurde, um das Parkett besser ansteigen lassen zu können. Also, wenn das der Grund ist ...??? Dann müssten ja die Wandelgänge zu den Garderoben und zum Eingangsbereich im vorderen Parkett abfallend sein, denn die Türen auf der Stirnseite wurden ohne Stufen eingebaut. (Oder gibt es sie? Verdammt, ich muss nochmal hin und schauen ...) Dass man jedoch ein steiler ansteigendes Parkett auch mit vier seitlichen Zugängen einbauen kann, beweist die Würtembergische Staatsoper Stuttgart in hervorragender und sehr estätischer Weise.

Ränge

Aus zwei Rängen mach einen ... Auch wenn der ehemalige erste Rang mit seinen vier Reihen nicht ganz so steil gestuft war, wie der ehemalige zweite Rang mit seinen acht Reihen, so war die Sicht zur Bühne von überall her dennoch ausreichend. Sichtbehindernde Säulen hatte das Theater keine. Und schwindelfrei musste man auch nicht sein, wie heute mit dem wohl steilsten Theaterrang Deutschlands (ähnlich wie der obere Rang im KKL Luzern). Angeblich ist die neue Bestuhlung so angelegt, dass von jedem Platz aus der Rand des Orchestergrabens zu sehen ist. Das bietet natürlich gerade bei Schauspielen eine grosse Verbesserung, wenn der hochgefahrene Orchestergraben zum vorderen Teil der Bühne wird. In welchem Masse es hier früher Sichtbeschränkungen gab, weiss ich nicht genau. Ich muss zugeben, dass ich darauf nie geachtet habe, zumal ich das Musiktheater weit häufiger besucht hatte und ich von jedem Platz aus das Gefühl hatte, die Bühne ordentlich einsehen zu können.

Seitenränge

Anstatt theatertypische Seitenränge gibt es neu kleine "Schiffchen", die untereinander an der Wand kleben. Die Seitenränge wurden aus sichttechnischen Gründen herausgerissen. Angeblich sah man zuwenig von diesen Plätzen. Dafür hatte das Stadttheater Bielefeld auch eine angemessene Preisstruktur. Die Plätze in den Seitenrängen waren eben nicht gleich teuer, wie die vorderen Parkettplätze ... Wozu also neu die zwei kleinen Dinger auf jeder Seite, von denen die oberen Plätze bestimmt noch weniger Sicht bieten? Ich saß im oberen Seitenbereich Der Platz, der dirket zur Bühne schaut, ist sichtbehinderter, als die Seitenränge vorher. Wie nennt man denn bloß diese Dinger? Logen? Wiederum Seitenränge? Keine Ahnung. "Dinger" eben ...

Scheinwerfer

Die Platzierung der Wandscheinwerfer ist das Hinterletzte für die Neugestaltung eines Zuschauersaals. Wobei die seitlichen Scheinwerfer früher wunderbar in der Wand versteckt waren, die man aufklappen konnte und dennoch nicht so offensichtlich für den Besucher zu sehen waren, sind nun einfach an die Wand geklebt. Als ob sich wirklich kein anderer Platz angeboten hätte. Nicht ein bisschen diskret. Ob sich in der neuen Wandverkleidung nicht ein ähnlich guter Platz gefunden hätte wie früher? Wie früher auch neu die Scheinwerfer der Bühne Vis à Vis wieder am Rang. Dafür brauchte es einen Umbau? Das hatten wir doch auch schon vorher ... Einzig gut gelöst ist der Einbau der Deckenscheinwerfer hinter der Deckenverkleidung. Abgesehen davon, daß die neue Decke überhaupt nicht in ein altes Theater paßt, finde ich die Funktion sehr gut überlegt. Aber hätte man nicht noch etwas mehr überlegen können und für den Umbau eine gute Lösung mit der alten Decke finden können? Die Scheinwerferproblematik ist in Europas jüngstem Opernhaus, der Finnischen Nationaloper Helsinki, optimal und wirklich wohl überlegt gelungen ...

Bühnenportal

Im Zuge des Umbaus wurde die Bühne verbreitert, um mehr Raum für die darstellenden Künstler zu schaffen. Ist auch gut gelungen. Allerdings ist dafür auch der Bühnenrahmen weggefallen, welcher im Zuschauerraum ein echter Blickfang gewesen war. Da auf beiden Seiten des Rahmens noch je ein Stück Wand "übrig" war, hätte man die Bühne sicher verbreitern können und den Rahmen (oder einen ähnlichen) direkt an die Seitenwände verschieben können. Eine Guckkastenbühne hatte das Stadttheater immer gehabt. Auch jetzt, ohne Bühnenrahmen, ist das Theater nichts anderes ...

Theatersaaldecke & Beleuchtung

Die alte Kassettendecke im Zuschauerraum mit den zwei grossen Kronleuchtern wurde leider herausgerissen und durch eine gewellte Gitterdecke ersetzt. Ich muss zugeben, dass die neue Decke spannend und interessant aussieht. Die vielen Möglichkeiten, dort Scheinwerferbrücken und Akustiksegel unterzubringen, bieten grosse Vorteile. Die neu entstandene Decke des Zuschauersaals passt allerdings viel besser in ein völlig neues Theater. Nicht in ein altes Haus.

Die Kassettendecke hätte mit Eingriffen vielleicht eine ähnliche Variante geboten. Ich stelle mir vor, dass man den vorderen Bereich auch "klappbar" umfunktionieren hätte können, um dort Beleuchtungsbrücken zu verstecken. Neben dem Bühnenrahmen fehlen nun auch die beiden anderen für ein Theater wichtigen Blickfänge. Die Kronleuchter.

Fazit

Ich möchte betonen, daß ich kein Gegner von Modernisierungen oder Neuerungen bin. Da, wo es sinnvoll und notwendig ist, sollen, müssen sie sein. Ich finde es prima. daß neben sanitären Anlagen, Magazinen und Nebenräumen, Montagesaal und Werkstätten auch die Bühnentechnik und eine der Zeit entsprechende, moderne Installation der Regie- und Beleuchtungspulte bedacht wurden. Am bemerkenswertesten ist die Umsetzung der Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, ohne den altehrwürdigen Sehringbau in seiner Substanz und den Grundmauern zu verändern. An "meinem" neuen alten Theater Bielefeld gibt es viele Details, die ich sehr begrüße.

Positiv

bemerken möchte ich die neue, hellere und frische Gestaltung der Wandelgänge, Treppen und der Foyers, die Farbgebung der dortigen Wände, den im ganzen Theater (außer im Eingangsfoyer) einheitlich ausgelegten Parkettboden. Es ist toll, daß das schöne Eingangsfoyer und das Pausenfoyer beinahe unangetastet blieben. Auch im Zuschauersaal gefällt mir die warme Farbgebung und die Widerspiegelung der Farbe des Bühnenvorhangs in der Bestuhlung, auch wenn der ganze Saal auf Grund der dunkler gewählten Holzverkeidung an den Wänden und der neuen Lichtverhältnisse in der Deckenkonstruktin etwas düster wirkt (damit kann ich leben ... smile). Ebenso gefällt das steiler ansteigende Parkett. Zudem gefällt mir die helle Farbgestaltung der Theaterfassaden sehr gut.

Dennoch gibt es auch einige Dinge, die mir so gar nicht gefallen mögen und mit denen ich mich nicht anfreunden kann ...

Negativ

fallen mir im Eingangsfoyer die kalten Scheinwerfer auf der Mitteltür auf, zudem die Wahl der Türen vom Eingangsfoyer zu den Wandelgängen des Parketts. Ich finde es sehr schade, daß nicht versucht wurde, alt und neu zu kombinieren und die alte Wand- und Deckenbeleuchtung, insbesondere in den Wandelgängen zu erhalten. Die Kronen hätten wunderbar mit dem neuen, dunklen Parkettboden harmonisiert und auch viel besser in ein Theater gepaßt als die jetztigen Hallogenleuchten. Im Zuschauerraum des Bielefelder Theaters mißfällt mir die Wahl der Deckenkonstruktion und der nur eine Rang mit fehlenden Seitenrängen. Die früheren zwei Ränge sahen mehr nach Theater aus ... Die Scheinwerfer, welche an die Wand angebracht wurden, ohne den Versuch, sie zu verstecken. Die je zwei "Dinger" auf beiden Seiten des Theatersaals, die aussehen wie gewollt und nicht gekonnt (dann hätte man sicher gut und gerne die Seitenränge belassen können). Trotz des stufenartigen Anstiegs der Sitzreihen hätten die seitlichen Zugänge zum Parkett mit kleinen Eingriffen belassen werden können. Der fehlende Bühnenrahmen und die fehlenden Kronleuchter schmerzen besonders.

Und dann gibt es auch noch dieses ...

Kaum zwei Jahre nach Fertigstellung des neuen alten Theaters Bielefeld sieht es an einigen Stellen schon so aus ...

Da wurde ja wirklich richtig gut gearbeitet ... Bleibt zu hoffen, dass diese ersten Schäden keine Schatten werfen (FroSch).