Lückenschluss A 33 oder warum 40 Jahre lang geplant wird

Heute beschäftigen sich die Gemüter der Künsebecker und Haller Bürger intensiv mit dem Bau der Bundesautobahn A 33. Neben einigen Befürwortern (vornehmlich Politiker, welche schon die Umsetzung der Pläne vor Augen haben) gibt es viele Bewohner, die der Sache sehr skeptisch gegenüber stehen. Zu Recht, denke ich.

Um die 40 Jahre lang liegen solche Pläne bereits in den Schubladen und auf den Schreibtischen der sich damit befassenden Politiker. Immer wieder hat es in diesen 40 Jahren Einwände und Beanstandungen um die Trassenführung gegeben. Sei es wegen der geplanten Durchführung durch das Naturschutzgebiet Tatenhausen (plötzlich wurden neue Vogelarten entdeckt, die es zu schützen gilt) oder wegen des zu erwartenden höheren Lärmaufkommens und einer höheren Frequentierung und Belastung der Ortsdurchgangsstraßen. Zum letzteren Einwandspunkt haben sich die Damen und Herren Politiker sogar noch fix etwas ganz origenelles einfallen lassen. Wie wäre es, denn, wenn es neben der geplanten ortsnahen Autobahn auch eine neue große Umgehungsstraße geben würde? Auch hierzu gibt es mittlerweile nahezu umsetzungsreife Pläne.

Einer der größten und sicher auch wichtigsten Einwände wird aber bestimmt die Angst und die Ungewißheit genau der Bürger sein, für die der Bau der neuen Trasse eine Bedrohung darstellt. Eine Bedrohung für Länderein, Haus und Hof und vor allem für die damit verbundene Existenz der Hofbesitzer.

Was machen, wenn die entgültigen Pläne nun festlegen, daß die neue Trasse über meine Äcker oder gar quer über meinen Bauernhof verlaufen wird? Eine Antwort hierauf ist bereits der Abriß eines Bauernhofes in Künsebeck.

Es wird schon nicht so schön sein, wenn man so mir nix, dir nix plötzlich eine Autobahn, eine Umgehungsstraße und viel Lärm vor der Haustür hat. Und das an einem Ort, den man nur von Ausgeglichenheit und Ruhe, weiten Landschaften und alten Höfen her kennt.

Obwohl: Wir müssen ja ehrlich sein. So ganz mir nix, dir nix kommt die Autobahn ja nicht, ist die Realisierung der A 33 doch schon seit den 60er Jahren bekannt und in Planung. Auch damals gab es schon öffentliche Einsicht in die Planungen und solche Anwohner in den konkreten Gebieten, die erst "in der Zwischenzeit" dort sesshaft geworden sind, dürften ihre Einwände nur kleinlaut von sich geben. Ich erkundige mich doch vor dem Bau eines Hauses, was in der näheren Umgebnung auch auf längere Sicht hin alles geplant ist ...

Wie heißt es so schön in den Dauerwerbesendungen im TV?

Aber das ist noch nicht alles ...

Sie erhalten gratis zu der neuen A 33 und der neuen Umgehungsstraße auch noch ein riesiges Industriegebiet dazu.

Ob die bestehenden Zeugnisse aus vergangenen Künsker Tagen integriert werden oder ob geplant ist, dafür alles alte abzureißen und plattzumachen, ist mir (bis jetzt) noch nicht bekannt. Obwohl ersteres unbedingt wünschenswert, bleibt die Frage, ob die Attraktivität der Objekte nicht arg leiden wird.

Sicher, es ist auch kein Zustand, daß sich die A 33 zur Zeit in Borgholzhausen ins Nichts verliert und irgendwo bei am Autobahnkreuz Bielefeld wieder eine Autobahn wird. Ein Trassenzusammenführung sollte wohl sein. Aber, obwohl ausreichend freie Flächen und diese wohl entfernt genug von Wohn-, und auch Streugebieten in Halle und Künsebeck, muß denn die A 33 vor die Haustür der Anwohner geführt werden?

Die Hoffnung, daß sich die Realisierung des Unterfangens nochmals um 40 Jahre verschiebt, scheint verflogen. Nachdem für den Steinhagener Bauabschnitt das zuständige Gericht in Leipzig mit Urteil von 12. August 2009 trotz eines kleinen Formfehlers im Planfestellungsverfahren den Bau der geplanten Trasse für rechtens erklärt hat, wird dort sicherlich in Kürze mit dem Bau der A 33 begonnen werden und in Künsebeck am Schnatweg (gehört zum Bauabschnitt Steinhagen) enden. Dieser wird dann ein Zubringer zur Autobahn, direkt an der Dellbrüggesiedlung vorbei und sorgt somit auch für eine Erhöhung des Lärmpegels und des Fahrzeugaufkommens in angrenzenden Straßen. Bestimmt nicht zur Freude der Anwohner in diesem Gebiet ...

Aber ganz bestimmt zur Freude der Anwohner der B 68, wo sich das Verkehrsaufkommen im Stadtgebiet von Halle / Westfalen hoffentlich stark reduzieren wird.

Mittlerweile gibt es auch Bilder von dem geplanten Vorhaben, welches das geplante Industrie- oder Gewerbegebiet in diesem Bereich verdeutlicht. Über die Wortwahl scheint man sich noch nicht so ganz einig. So klingt Gewerbegebiet weit weniger aggressiv und kann die Möglichkeit eines Mischgebietes offen lassen, etwa, daß die wenigen Häuser in diesem Bereich integriert würden. Aber nix genaues weiß man bis jetzt ...

Die - allerdings ganz grobe - Erklärung für die Vergrößerung der Gebietsabgrenzung ist folgende:

Der Stadt Halle alleine stehen wohl nur um die 16 ha neue Gewerbe- und Industriefläche zu. Halle möchte aber auf Biegen und Brechen an den 60 bis 80 ha für neue Flächen festhalten und somit kamen Gedanken an ein interkommunales Gewerbe- und Industriegebiet (wie es auch eins in Borgholzhausen gibt) an den Tag. Als Partner käme die Stadt Werther in Frage, da diese Stadt an einem gewerbe- und industrieungünsigen Ort liegt. Neben Werther kam dann auch noch Gütersloh ins Gespräch. Die Stadt hat anscheinend ebenso Interesse gezeigt. Fein, mag sein, daß diesen beiden Städten der Haller Standort wirklich gelegen kommt. Ihre Städte bleiben sauber von Lärm und Schmutz und Halle behandelt seinen Ortsteil Künsebeck noch stiefmütterlicher, indem die neuen auszuweisenden Gewerbe- und Industrieflächen erweitert werden. Die Stadt plant und plant und es entstehen neue Varianten und Dimensionen, die beinahe die Größe des Ortes Künsebeck annehmen ...

Mittlerweile sind Diskussionen und Entwürfe im fortgeschrittenem Stadium. Die derzeitigen Überlegungen betreffen den Lärmschutz entlang der neuen A 33. Die Stadt Halle lehnt alle freiwilligen Lärmschutzmaßnahmen ab. Möglicherweise liegen die berechneten Pegelwerte alle im grünen Bereich. Sich dies allerdings vorzustellen, fällt schwer. Wenn die Stadt kein Geld hat (oder haben mnöchte), um ihre BürgerInnen ausreichend vor Lärm zu schützen, hätte vielleicht doch das ganze Projekt fallen gelassen werden sollen? Beruhigenswerter wäre auf jeden Fall die Möglichkeitsform. Sollte sich herausstellen, daß bei Fertigstellung der Autobahn und der Entlastungsstraße mit laufendem Verkehr die Pegelwerte höher sind, sollte die Stadt die Möglichkeit anbieten, den Schutz nachzubessern. Erfreulicherweise denkt die Stadt im Breich des neu entstehenden Gewerbe- und Industriegebietes etwas mit. Hier spart man sich zwar jegliche Lärmschutzmaßnahmen direkt an der A33, dafür wird an der neuen Entlastungsstraße in diesem Gebiet für Lärmschutz gesorgt, was meiner Meinung nach auch viel sinnvoller ist.

Gemäss Stand und Grafik nach Sitzung vom 07.09.2010 wird die Entlastungsstrasse nun viel seichter (paralleler) und näher an die Flurstrasse herangeführt als ursprünglich gedacht (siehe Grafik 4 "Detailierte Planungsansicht"). Ob es Sinn macht? Die Absicht, die neue Entlastungsstrasse quer durch das neue Gewerbe- und Industriegebiet verlaufen zu lassen um sicher auch viele angesiedelte Unternehmen erreichen zu können, ist ja nun eigentlich auch nicht mehr gegeben. Nun macht diese Strasse nur noch einen Sinn für den von der A33 abfliessenden Verkehr am vorläufigen (2013) Endpunkt/Zubringer Schnatweg. Na ja, die Stadt solls wohl wissen. Und richten. Hoffentlich.

Man hat dem Kind nun auch einen Namen gegeben. Und was für einen ... Ravenna Park soll das künftige Industrie- & Gewerbegebiet in Künsebeck heissen. Ravenna Park - wie vornehm es doch klingt. Allerdings würde man sicher viel lieber in diesem Park wohnen als arbeiten wollen ... Und eine eigene Homepage für den Ravenna Park gibt es schon. Zur besseren Vermarktung der Industrie- & Gewerbeflächen. Zu finden unter der glorios einfachen und gut zu merkenden Internetadresse: http://www.1aana33.de/ Ganz nach dem Motto: Wo war das nochmal, wo wir unsere Fabrik hinbauen wollten?"

Warum Ravenna Park? Hintergrund für diesen Namen ist die Legende über einen Sachsenherzog, der für seine drei Töchter Thekla, Ida und Ravenna Burgen bauen ließ. Unter den Namen Tecklenburg, Iburg und Ravensburg sind diese berühmt geworden. Und das künftige Künsebecker Gewerbegebiet liegt eben im Schatten der Burg im Ravensberger Land.